Schnell das Wichtigste
- Wenn Du nicht in der Steinzeit lebst, lohnt sich die Betriebliche Altersvorsorge vermutlich nicht: Arbeitgeberwechsel sorgen für massive Nachteile. Der einzige, der dann etwas von Deiner betrieblichen Altersvorsorge hat, ist der Versicherer.
- Denn kannst Du den bestehenden Vertrag nicht mitnehmen und schließt einen neuen ab, weil Dein neuer Arbeitgeber mit einer anderen Versicherung zusammenarbeitet (was der Normalfall ist), bekommt der Versicherer wieder neue Abschlussprovisionen von Dir.
- Vermutlich werden die Konditionen außerdem schlechter sein als vorher, da Du älter bist etc.
Möchtest Du das Guthaben aus Deinem alten Vertrag mitnehmen, können Übertragungskosten entstehen und die eigene Fortführung (ohne Arbeitgeber-Zuschuss und Ersparnisse bei Steuern und Sozialversicherung) lohnt sich nicht.
Die ganze Nummer wird so zum Verlustgeschäft. - Sinnvoll kann die betriebliche Altersvorsorge eventuell sein, wenn Dein Arbeitgeber richtig viel (mind. 30-50%) dazugibt.
- Solltest Du mit einer sehr geringen Rente im Alter rechnen oder Du Sorge vor zwischenzeitlichem Hartz IV-Bezug haben, kann eine betriebliche Altersvorsorge ebenfalls ok sein.
- In jedem Falle solltest Du nicht einfach aufgeben, weil die betriebliche Altersvorsorge nachteilig ist, sondern selbst vorsorgen – am besten ganz simpel mit konstengünstigen ETF`s.
- Wann sich die betriebliche Altersvorsorge also lohnen könnte und wann sie für Dich die dümmste Geldanlage der Welt ist, erfährst Du in diesem Artikel.
Von unseren Mandanten kommt öfter Mal die folgende Frage: „Meine Firma bietet da so eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) an. Ist das gut? Soll ich die abschließen?“ Einige Teilnehmer haben bereits eine betriebliche Altersvorsorge abgeschlossen und fragen sich dann: “Hab ich da einen guten Vertrag oder sollte ich ihn lieber kündigen?”
Wie kannst Du beurteilen, ob diese Art der Vorsorge richtig für Dich ist? Mit unserem Artikel wollen wir Dir genau dabei helfen, dies herauszufinden.
Zunächst einmal erklären wir Dir das Prinzip der betrieblichen Altersvorsorge. Denn wie immer muss man erst verstehen, wie ein solches Konstrukt funktioniert, damit man die Sinnhaftigkeit beurteilen kann. Dann schauen wir direkt auf konkrete Beispiele – das hilft das Ganze leichter zu verstehen. Und natürlich vergleichen wir die betriebliche Altersvorsorge mit einer Alternative.
Kurzer Hinweis: Alle Quellen, die wir verwenden, sind in unserer Berechnungsdatei zu finden (dazu mehr im Laufe des Artikels).
Wie funktioniert betriebliche Altersvorsorge?
Grundsätzlich handelt es sich um ein simples Prinzip: Dein Arbeitgeber schließt für Dich als Arbeitnehmer eine Rentenversicherung o.ä. ab und zahlt monatlich x Euro darin ein. Du kannst dann den Betrag aufstocken, indem Du auf Gehalt verzichtest und selbst etwas hinzuschießt.
Wir merken uns: Du bist ausschließlich der Versicherungsnehmer, Dein Arbeitgeber ist der Vertragspartner. Warum das wichtig ist kommt später noch im Detail.
Was auf den ersten Blick ganz charmant ist: Auf bis zu 282 Euro, die Du monatlich sparen kannst, fallen keine Sozialabgaben an und auf bis zu 564 Euro keine Steuern (Stand 2022). Das bedeutet konkret: Du gibst direkt etwas von Deinem Bruttolohn ab und zahlst dies in die betriebliche Altersvorsorge ein, ohne dass Du Dein bereits versteuertes Netto-Einkommen investieren musst. So sparst Du Steuern und Sozialabgaben auf diesen Sparanteil.
Die bAV-Rente kriegst Du auch, wenn Dein (ehemaliger) Arbeitgeber irgendwann pleite geht. Denn hierfür ist Dein Arbeitgeber versichert und der Pensionssicherungsverein (ein Hoch auf die deutsche Sprachkultur zahlt Dir dann Deine Rente aus.
Soweit so gut.
Deine persönlichen Rahmenbedingungen sind entscheidend
Um Dich dem Thema anzunähern, solltest Du zunächst auf Deine Gegebenheiten und die Deines Arbeitgebers sowie der angebotenen betrieblichen Altersvorsorge schauen:
- Was für ein Modell der bAV bietet Dein Arbeitgeber an? Welcher Rentenfaktor und welcher Zins sind garantiert? (Keine Angst, unten erklären wir Dir, was das ist.)
- Entscheidender Punkt: Wieviel gibt Dein Arbeitgeber monatlich dazu?
- Wieviel möchtest Du im Monat durch Gehaltsverzicht sparen?
- Super wichtig: Planst Du, lange bei einem Arbeitgeber zu bleiben? Oder hast Du vor, häufiger zu wechseln oder Dich sogar irgendwann selbstständig zu machen?
In einem Fall lohnt sich die betriebliche Altersvorsorge immer: wenn Dein Arbeitgeber alles zahlt. Das kannst Du als Geschenk verbuchen und musst nicht lange überlegen – Du hast ja später nur Vorteile davon und musst selbst nichts dazu geben. Interessanter ist die Frage allerdings mit Blick auf Deine Beteiligung beim Ansparen.
Wenn Dein Arbeitgeber nichts dazu geben würde…
Drehen wir erst einmal den Spieß um und schauen, was passiert, wenn Du alleine einzahlst, da Deine Chefs bislang keinen Beitrag leisten wollten.
Anm.: Mittlerweile ist Dein Arbeitgeber zwar dazu verpflichtet, die Ersparnis der Sozialversicherungsbeiträge an Dich weiterzugeben. Das sind max. 15% als „Zuschuss“. Verdienst Du über der Beitragsbemessungsgrenze, mindert sich dieser Prozentsatz entsprechend oder entfällt. Die Zuschusspflicht gilt allerdings nur für die neueren bAV-Verträge ab 2019. Bei Altverträgen gilt die Verpflichtung erst seit 2022.
Rechenbeispiel mit 4.000 Euro Bruttogehalt
Also, angenommen, Du verdienst 4.000 Euro brutto, zahlst keine Kirchensteuer und hast noch 30 Jahre bis zur Rente (bist also aktuell 37 Jahre alt). Der Einfachheit halber bleibt Dein Brutto-Einkommen konstant. Daher haben wir auch gleich ein recht ordentliches Gehalt angenommen.
Nun zahlst Du monatlich 200 Euro an Arbeitnehmer-Beiträgen in eine betriebliche Altersvorsorge ein. Da diese 200 Euro direkt von Deinem Bruttolohn abgezogen werden, sparst Du jeden Monat 100 Euro an Steuern und Sozialabgaben. Dein „spürbarer Verzicht“ (sprich Netto-Sparbetrag) liegt also nur bei 100 Euro.
Mit 67 gehst Du in Deine lang verdiente Rente und bekommst monatlich 1.538 Euro brutto aus der gesetzlichen Rentenversicherung und 202 Euro brutto aus der betrieblichen Altersvorsorge. Wie kommen diese Beträge zustande?
Zur Berechnung der gesetzlichen Rente kann man sein aktuelles Bruttogehalt einfach in einen Rentenrechner werfen. Zwar handelt es sich dabei nur um eine sehr grobe Schätzung, die aller Voraussicht nach zu positiv ist, denn die Gesetzgebung verändert sich hier ständig. Besser geht es aber nicht, denn Deine jährlich zugesandte Renteninformation kannst Du nicht verwenden. Warum?
Zu Deinem Nachteil: Die Entgeltumwandlung verringert Deine gesetzliche Rente
Sparst Du in eine betriebliche Altersvorsorge ein, so mindert sich Dein Bruttogehalt und somit Dein Anspruch aus der gesetzlichen Rente. In unserem Beispiel sind es also nicht 4.000 Euro, die zur Berechnung des Renten-Brutto herangezogen werden können, sondern nur 3.800 Euro, da Du monatlich auf 200 Euro an Gehalt verzichtet hast.
Und so verringert sich Dein künftiger gesetzlicher Rentenanspruch auch. Denn Du hast über 30 Jahre lang weniger in die Rentenkasse eingezahlt. Du tauschst also den Steuervorteil in der Ansparphase gegen eine geringere gesetzliche Rente in der Auszahlphase ein. Damit verringert sich Dein persönliches Rentenniveau, also das, was Du an gesetzlicher Rente im Vergleich zu Deinem Einkommen erhältst.
Aber: Du bekommst ja auch was hinzu!
Wir gehen im Beispiel davon aus, dass Du pro 10.000 Euro angespartem Kapital monatlich 28 Euro Betriebsrente aus der betrieblichen Altersvorsorge bekommst. Hierbei handelt es sich um eine solide Annahme, schaut man sich aktuelle Rentenfaktoren bei Versicherern an. Der garantierte Rentenfaktor liegt meist niedriger – bei ca. 23,8.
Bevor Du nun Deine Rente genießen darfst, musst Du noch Deiner Bürgerpflicht nachkommen und Steuern sowie Sozialabgaben zahlen. Von Deinem gesamten Brutto aus gesetzlicher Rente und betrieblicher Altersvorsorge bleiben 1.391 Euro Netto-Rente übrig. Der Vorteil durch die betriebliche Altersvorsorge liegt somit bei 70 Euro monatlich.
Profitabel ist diese Geldanlage erst im unrealistisch hohen Alter
Wie alt musst Du nun werden, damit sich das Ganze lohnt? Das haben wir in der Zeile “Break-Even bei Lebensalter” berechnet. Wenn Du dieses Alter erreichst, hast Du Dein angespartes Geld zurück. Und jedes Jahr, das Du älter wirst, bringt Gewinn.
Über die Jahre hast Du 36.129 Euro investiert (100,36 Euro Netto-Sparbetrag x 12 Monate x 30 Jahre). Um nun das Geld wieder herauszubekommen, musst Du – Achtung, Trommelwirbel! – 110 Jahre alt werden.
Szenario 1a – bAV Sparrate 200 Euro, kein Arbeitgeberzuschuss
Hm. Da hättest Du die Kohle besser auf Deinem Tagesgeldkonto liegen lassen können. Das wäre vermutlich besser gewesen, denn dann hättest Du sie wirklich auf den Kopf hauen können. So alt wirst Du nämlich vermutlich nicht.
Die wahrscheinlich dümmste Geldanlage der Welt
Fazit: So macht die betriebliche Altersversorgung als Geldanlage überhaupt keinen Sinn.
Also neues Szenario: Trotz aktuell mauer Zinsen gehen wir sehr optimistisch davon aus, dass sich Dein gespartes Geld mit 2% verzinst. Aktuelle Garantiezinsen der Versicherer liegen meist deutlich niedriger, aber wir denken mal positiv. Alle anderen Annahmen bleiben gleich.
Vollziehen wir die gleichen Rechenschritte, bekommst Du 115 anstelle 70 Euro netto im Monat durch die betriebliche Altersvorsorge hinzu und musst „nur noch“ 93 Jahre alt werden, um Dein Erspartes wieder rauszubekommen.
Szenario 1b – bAV Sparrate 200 Euro, kein Arbeitgeberzuschuss, 2% Garantiezins
Fazit: Immer noch bescheuert, klar. Da braucht man erstmal 26 Jahre Rentenzeit, um überhaupt sein eingesetztes Kapital wieder zurückzubekommen. Eigentlich sollte man doch mehr haben als vorher, wenn man so lange auf Geld verzichtet und es anlegt… Eieiei.
Das Gute ist: Solche Verträge sollten der Vergangenheit angehören, da – wie oben beschrieben – Dein Arbeitgeber künftig dazu verpflichtet ist, einen Zuschuss zu leisten.
Könnten Dich Deine Chefs durch Beiträge aus der Misere retten?
Schauen wir mal auf einen besseren Fall. Deine Chefin macht mit und schießt 35 Euro im Monat zur betrieblichen Altersvorsorge dazu. Damit erfüllt sie quasi ihre Pflicht i.H.v. 15% Zuschuss für Neuverträge ab 2019.
In diesem Beispiel würdest Du netto 92-145 Euro im Monat an zusätzlicher Rente bekommen, bei einem Zins von 0% bzw. 2%. Nun hast Du das Geld bei der hohen Verzinsung „bereits“ nach 21 Jahren wieder raus, musst dafür also 88 Jahre alt werden.
Szenario 2 – bAV eigene Sparrate 200 Euro, Arbeitgeberzuschuss 35 Euro
Toll, nicht wahr? Das lohnt sich doch! Die Lebenserwartung für aktuell 37-jährige liegt nämlich bei 89,33 Jahren (Frauen) bzw. 84,45 Jahren (Männer). Dann sind die 88 Jahre ja ein realistischer Fall. So grob. Und sobald Du älter wirst, bekommst Du sogar mehr von der betrieblichen Altersvorsorge, als Du eingezahlt hast.
Und es geht noch besser!
Betrachten wir nun den Fall, wenn sich Dein Chef ins Zeug legt und 84 Euro hinzugibt. Das sind rund 30%. Mit dem Zuschuss sparst Du jeden Monat die voll begünstigten 284 Euro – alles darüber hinaus würde steuerlich keinen Vorteil mehr bringen. Mit anderen Worten: Jeden Euro über 284 müsstest Du von Deinem Nettogehalt dazugeben.
Szenario 3 – bAV eigene Sparrate 200 Euro, Arbeitgeberzuschuss 84 Euro
Nun würdest Du netto 121-185 Euro im Monat an zusätzlicher Rente bekommen, wieder bei einem Zins von 0% bzw. 2%. Im besten Falle hättest Du dann bereits im Alter von 83 Jahren Deine Einzahlungen wieder raus.
Gerne erläutern wir Dir eine Altersvorsorge mit deutlich höherer Rendite.